Kompetenz in Sachen Sicherheit

4. PSA-Fachgespräch in der textilen Lieferkette

Die Referenten des PSA-Fachgesprächs

Berlin/Frankfurt, 25.02.2020 - Rund 90 Interessierte trafen sich am 19. Februar 2020, um sich intensiv und entlang der textilen Lieferkette über Persönliche Schutzausrüstung (PSA) auszutauschen und aktuelle Informationen zu präsentieren. Die Branchenverbände Deutscher Textilreinigungs-Verband e.V. (DTV), GermanFashion Modeverband Deutschland e.V. und Industrieverband Garne-Gewebe-Technische Textilien e.V. (IVGT) luden zu der eintägigen Informationsveranstaltung nach Frankfurt am Main ein. Unter den Gästen und Referenten befanden sich die wichtigsten deutschen Hersteller von Schutzkleidung, Vertreter der Vorstufe und des Textil Services, Experten aus Instituten und Zertifizierungsstellen sowie die Geschäftsführer der Verbände.
Die Agenda war gespickt mit Themen aus Gesetzgebung und Normung. Denn Verbraucher- und Umweltschutz, Lieferketten, soziale Verantwortung sowie auch Datenschutz führen zu einer hohen Regelungsdichte durch den Gesetzgeber und erfordern eine verstärkte Harmonisierung der technischen Normen.

 

Referenten und Themen

Andreas Schumacher, Geschäftsführer des DTV, stellt in seinem einführenden Vortrag den Zusammenhang zwischen einer höheren Regelungsdichte und der steigenden Belastung für Unternehmen detailliert her. Er nennt dabei eine Reihe von Beispielen, wie die politische Entwicklung im europäischen Rahmen zur Verdichtung der Regulierungen führt, welche von den Unternehmen zu beachten sind.

Die PSA-Verordnung 2016/425 der Europäischen Union und entsprechende Durchführungsgesetze Deutschlands, der Schweiz, Österreichs und Großbritanniens werden im Anschluss vom Hauptgeschäftsführer des GermanFashion Modeverband Deutschland e.V. RA Thomas Lange thematisiert. Aktueller Anlass für die Darstellung ist das Auslaufen der Übergangsfrist zum 20.04.2019. Die PSA-Verordnung ist seit dem für alle Staaten der Europäischen Union bindend. In Deutschland gilt zusätzlich das PSA- Durchführungsgesetz vom 18.04.2019.
Außerdem geht Herr Lange auch auf die neue EU-MarktüberwachungsVO (EU) 2019/1020 ein, die insbesondere die Überprüfung der Konformität von Produkten sicherstellen soll, die über Onlineplattformen vertrieben werden.

 

FREIWILLIGKEIT vs. GESETZLICHE REGELUNG

Mit der Frage „Brauchen wir ein Sorgfaltspflichtengesetz?“ stellt die Leiterin des Stabs Nachhaltige Lieferketten im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Anosha Wahidi, die Frage nach Gesetz und Freiwilligkeit für die unternehmerische Verantwortung. Daran anknüpfend erläutert sie, wie Nachhaltigkeit in einer globalisierten Welt gelingen kann. Das BMZ setzt zwar auf Freiwilligkeit auf Seiten der Wirtschaft und auf ein bewusstes Einkaufsverhalten auf Seiten der Verbraucher. Letztere soll zur Übersicht ein Zertifikat unterstützen, welches seit September 2019 vergeben wird. Deswegen habe das BMZ mit dem Grünen Knopf das erste staatliche Textilsiegel eingeführt, damit sich die Menschen in Deutschland beim Einkauf für sozial und ökologisch hergestellte Textilien entscheiden können.
Für Wahidi reicht Freiwilligkeit alleine aber nicht aus, sie betont die Vorteile gesetzlicher Regelungen und lobt den Mix von Freiwilligkeit und Regulierung - insbesondere im europäischen Rahmen, für das Sie eine mögliche europäische Lösung für den grünen Knopf und andere Regelungen in Aussicht stellt.

Michael Pöhlig, Geschäftsführer des IVGT, geht auf den Einsatz von Titandioxid in der Textilindustrie und die neue Einstufung entsprechend der EU-Änderungsverordnung zur CLP-Verordnung vom 4. Oktober 2019 sowie über die Folgen dieser Änderung ein.
Außerdem geht er aus aktuellem Anlass auf Beschränkungsvorhaben von Perfluorchemie ein. Ende Januar 2020 hatte die (Europäische Chemikalienagentur) ECHA das Beschränkungsdossier für die C-6-Fluorchemie veröffentlicht. Zwar enthält der ECHA-Vorschlag Ausnahmen für einzelne Textilanwendungen: persönliche Schutzausrüstung zum Schutz für Risiken der Kategorie III gemäß der PSA-Verordnung, deren Wiederimprägnierung und nicht gewebte medizinische Textilien. Jedoch sind keine Ausnahmen vorgesehen für viele textile Produktbereiche, in denen die C-6-Fluorchemie für die wasser-, öl- und schmutzabweisende Fluorcarbonausrüstung weiterhin technisch notwendig ist. Für die jetzt anstehende Kommentierungsphase wollen die Verbände möglichst alle Textilanwendungen erfassen. Herr Pöhlig bittet die anwesenden Verbände und Unternehmen um Mithilfe bei der Erfassung solcher fehlender Textilanwendungen, in denen die C-6-Fluorchemie für die wasser-, öl- und schmutzabweisende Fluorcarbonausrüstung weiterhin technisch wichtig ist.

 

SMARTE PSA

Dr. Michael Thierbach von der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN) macht deutlich, dass Digitalisierung heute bereits bis fast unter die Haut geht und es auch deswegen Regelungsbedarf gibt. Dr. Thierbach sieht zwar in smarter Schutzbekleidung den „intelligenten Schutz für die Zukunft“. Aktivitätssensoren im Kragen einer Jacke, eingenähte Sensoren zur Erfassung von CO und Außentemperaturen, GPS und drahtlose Datenübertragung ergänzen traditionelle PSA um intelligente Elemente. Er nennt jedoch auch neue Herausforderungen, die smarte PSA mit sich bringt:

  • Datenschutz
  • Datensicherheit
  • Ergonomie
  • Akzeptanz durch die Anwender
  • Zertifizierung
  • Marktüberwachung

Dr. Thierbach erkennt in der hohen Dynamik des Entwicklungsgebiets smarter PSA eine Notwendigkeit zur Aufklärung der Anwender sowie zur Normierung und zu gesetzlichen Anpassungen.

 

SICHERHEIT – NORMIERUNG – PRÜFMETHODEN

Die große Bedeutung des Schutzes vor UV-Strahlung durch geeignete PSA unterstreicht Wolfgang Quednau von der Betreuungsgesellschaft für textiltechnische Anwendungen (BTTA GmbH/MEWA). Hierbei kommen neben der Sonne als natürliche UV-Quelle auch künstliche UV-Bestrahlung, wie sie beim Schweißen entsteht, zur Sprache, ebenso wie Grenzwerte und Prüfmethoden.

Christian Kurtz von 3M Science of Safety gibt abschließend in seinem Beitrag „Medium Risk Standard: EN 17353“ einen Überblick über die „Bedeutung der Sichtbarkeit“ für Schutzkleidung. Dabei stellt er die Unterschiede zwischen Situationen mit geringem, mit mittlerem und mit hohem Sicherheitsrisiko heraus, sowie die korrespondierenden künftigen Normen für eine erhöhte Sichtbarkeit.

 

Fazit und Ausblick

Als Fazit des informativen Dialogs nahmen Textilhersteller und Dienstleister mit, dass die Regulierungsdichte zunimmt, wobei vor allem die Forderung nach Nachhaltigkeit und unternehmerischer Verantwortung eine große Rolle spielt.
Der Gesetzgeber setzt auf Freiwilligkeit beim Produzenten und beim Verbraucher, ebenso aber auf gesetzliche Verpflichtungen. Verordnungen der Europäischen Union kommen dabei eine große Bedeutung zu und erfordern eine verstärkte Harmonisierung der europäischen technischen Normen und Standards.

 

Pressemitteilung zum downloaden

 

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